Ansicht von Frankfurt am Main im 19. Jahrhundert
 

Cornelia Goethe – ein Porträt 

Cornelia Goethe war die 15 Monate jüngere Schwester des berühmten Schriftstellers Johann Wolfgang von Goethe. Wolfgang nannte seine Schwester in einem Brief die "liebe Gefährtin", deren Eigenständigkeit er bewunderte, und deren kluges Urteil ihm ungeheuer wichtig für sein literarisches Schaffen war.
 

Das tragische Schicksal einer begabten Frau im 18. Jahrhundert

Cornelia Goethes Leben war kurz – sie starb mit 26 Jahren nach der Geburt ihres zweiten Kindes – und war im Ganzen wohl unglücklich. Als Tochter aus gutem Hause erhielt sie zusammen mit ihrem Bruder Johann Wolfgang eine Ausbildung wie sie für Mädchen verpönt war. Die Freude an der Literatur verband die Geschwister aufs Engste. Aber während es der Bruder mit seiner Literatur zu Weltruhm brachte, konnte sich Cornelias literarisches Interesse durch die aufgezwungene traditionelle Frauenrolle nicht entfalten.

Das besondere Verhältnis zu ihrem Bruder

Die Freude an der Literatur verband die Geschwister seit Ihrer Kindheit. Der strengen Autorität ihres Vaters, dem die Erziehung seiner Kinder Lebensaufgabe war, entzogen sich die beiden Kinder indem sie heimlich Bücher lasen, die der Vater ablehnte. Die Literatur gab ihnen, was ihnen ihr streng geregeltes Leben nicht geben konnte.

In der Studienzeit entfremden sich die Geschwister. Wolfgang lebte sich in die männliche Vorrangstellung ein und erwartete, dass Cornelia nach den Regeln einer Frau lebte. Zugleich offenbarte sich seine besitzergreifende Abhängigkeit von der geliebten Schwester, als er, nach der "eigenmächtigen" Heirat Cornelias mit Johann Georg Schlosser, tief verletzt, den Kontakt mit seiner Schwester abbrach.

Kluger Rat und Folgsamkeit

Auf geistiger Ebene gab die Beziehung zu Wolfgang Cornelia den Raum, in dem sie ihre Begabung entfalten konnte. Auf menschlicher Ebene war der Bruder vielleicht der Mensch, zu dem sie eine Beziehung aufbauen konnte. Die Beziehung konnte aber nur solange glücklich sein, wie Cornelia die Rolle der Schülerin einnahm. Als Cornelia dem in Leipzig studierenden Wolfgang in einem ihrer Briefe eine Erzählung schickt, beurteilt er enthusiastisch das literarische Können der Schwester. Zugleich schreibt er ihr vor, welche Bücher sie zu lesen habe. Der kluge Rat der Schwester war erwünscht, nicht aber eine Partnerschaft.

Das Tagebuch als literarisches Zeugnis

Vom Bruder ignoriert, vom Ehemann, der kein Interesse an geistigem Austausch mit seiner gebildeten Ehefrau hatte, missachtet, verstummte Cornelia in der Provinzstadt Emmendingen. Das geheime Tagebuch aus ihrer Jugendzeit, das Cornelias Schicksal als Frau behandelt, ist das einzige literarische Zeugnis einer befähigten jungen Frau, der es in ihrer Zeit nicht möglich war ihre Potentiale zu entfalten.

Die Cornelia Goethe Akademie ist in der Straße des Goethehauses ansässig und widmet ihre Arbeit dem Andenken der jungen begabten Frau und dem Anspruch, Wissen zu vermitteln und Begabungen zu entdecken und zu fördern.

Das Schicksal Cornelia Goethes hat die Schriftstellerin Ilse Pohl in einer biographischen Miniatur dargestellt, hier.

Meine Lieder werden leben. Miniaturen von Cornelia Goethe, Adele Schopenhauer, Clara Schumann und Annette von Droste-H�lshoff, gezeichnet von Ilse Pohl. Und Vom Antlitz in der Welt. Ein Schlußgedanke von Markus von Hänsel-Hohenhausen. Frankfurt a.M., München, London, New York: Frankfurter Verlagsgruppe 2005 (Silhouetten aus dem Großen Hirschgraben)

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